Das Logbuch der Segelkameradschaft Buchholz e.V.
Die HEIDE-WITZKA ist im Mittelmeer
Protokoll eines verlängerten Wochenendes
Donnerstag, 12.06.2025, 08.00 Uhr
Der Webmaster setzt sich ins Auto und fährt nach Buchholz. Das ist der Nachteil, wenn man aus Buchholz, wenn auch aus gutem Grund, ins schöne Oldenburger Münsterland umzieht.
Donnerstag, 12.06.2025, 11.00 Uhr
Der Bootswart und der Webmaster machen sich auf den Weg, die restliche Crew (Holger und Markus) einzusammeln.
Donnerstag, 12.06.2025, 12.00 Uhr
"On the Road again.." Richtung Süden, und dann immer geradeaus. So zumindest der Plan. Aber auch gute Pläne können abgeändert werden, langjährige Erfahrungen auf Deutschlands Straßen ersetzen unglaubwürdige Ansagen des Navigationssystems und eine eigene Routenplanung optimiert den Ablauf der Anfahrt nach Koper. Soweit der gedankliche Ansatz.
Gut, eine halbe Stunde eher oder nicht, ist eh egal. Wir haben alle Zeit der Welt, das können wir locker verschmerzen. So das Fazit nach der erfolgten Streckenoptimierung.
Donnerstag, 12.06.2025, 15.00 Uhr
Die grundsätzlich als vernünftig eingestufte Idee, ein ausreichend großes Fahrzeug mit 7 Sitzplätzen für die doch lange Anfahrt anzumieten, weicht der Erkenntnis, das Mietfahrzeuge eher funktional als bequem ausgestattet ist. In der Realität bedeutet das, dass außer dem Fahrersitz keine der anderen Sitzgelegenheiten durch eine, wie auch immer geartete, Verstellmöglichkeit glänzt. Nach mehreren Stunden Fahrt bekommt der Begriff "Holzklasse" einen völlig andere Bedeutung. Es bleibt weiter festzustellen, dass Körperlängen von mehr als 180 cm als ungeeignet für die Nutzung von Mietfahrzeugen einzustufen sind.
Donnerstag, 12.06.2025, 17.00 Uhr
Alle 90 Minuten wird der Fahrer gewechselt, eine Idee, die sich sowohl als praktikabel als auch als sinnvoll herausgestellt hat. Hitze und Verkehrsaufkommen fordern ihren Tribut, da ist man wirklich froh, wenn man nach 90 Minuten mal eine längere Entspannungsphase nutzen kann. Theoretisch könnte man auch die Beine ausstrecken, aber eben nur theoretisch. (Siehe vorherigen Eintrag).
Der Versuch, die allgemeine Stimmungslage durch die Darbietung eines Salates und hausgemachter Frikadellen aus der Küche von Markus Ehefrau zu verschlechtern, misslingt kläglich. Sowohl Salat als auch Frikadellen schmecken hervorragend, die Stimmung bleibt ausgezeichnet.
Donnerstag, 12.06.2025, 21.10 Uhr
A9, südöstlich von München auf dem Weg nach Salzburg. Die ersten Ausläufer der Alpen kommen in Sicht.
Donnerstag, 12.06.2025, 23.58 Uhr
Kurz hinter Salzburg wird uns, unnötigerweise, nachhaltig demonstriert, warum der Bau von Autobahnen in Österreich nicht nur wichtig, sondern auch in keiner Weise mit dem Bau einer solchen im norddeutschen Flachland zu vergleichen ist.
Eine Röhre eines Tunnels, unerfreulicherweise die in Fahrtrichtung Süden, war aus Gründen baulicher Maßnahmen gesperrt, es erfolgte eine Umleitung über Nebenstrecken. Eine Nebenstrecke in Österreich hat aber eine völlig andere Bedeutung wie im Norddeutschland. Zwei Passhöhen und eine Vielzahl von Kehren später konnten wir wieder auf die Autobahn, gut war nur, dass ein Eingeborener mit einem Anhänger vor uns fuhr. Der kannte die Strecke offensichtlich, zeitweise hatten wir Mühe, ihm zu folgen. Und das ohne Anhänger.
Begleitet wurde das Ganze mit einem fantastischen Vollmond.
Freitag, 13.06.2025, 02.49 Uhr
Angekommen in Koper. Die HEIDE-WITZKA steht schon auf dem LKW unter dem Kran und wartet darauf ins Wasser gesetzt zu werden. Der Zugang zur Marina wird durch eine Schranke verhindert, zumindest mussten wir erstmal vor der Einfahrt parken. Während der Rest der Crew in sitzender Position versucht, wenigstens etwas Schlaf zu finden, muss der Webmaster, quasi "stellvertretend" ein Anlegerbier trinken und dem geschäftigen Treiben auf der gegenüberliegenden Seite des Kais zuzuschauen.
Dort wird gerade ein HAPAG-LLOYD Schiff mit Heimathafen Hamburg mit Containern beladen, die entsprechende Geräuschkulisse wird kostenfrei mitgeliefert. Aber wenigstens herrschen sommerliche Temperaturen, auch in der Nacht ist ein leichtes "Vorsichhinschwitzen" nicht zu vermeiden.
Nach dem Anliegerbier und anlässlich eines der Langeweile geschuldeten Spaziergangs über das Marinagelände stellte der Webmaster, zu seiner Überraschung und auch zur Überraschung des Nachtwächters, fest, dass die Marina auch des Nachts besetzt ist. Bewacht zu sagen, wäre übertrieben, da der "Nachtwächter" mit dem Kopf auf dem Tisch und geschlossenen Augen, aber lautem Schnarchen, seiner Tätigkeit nachkam. Nach kurzer Erklärung, dass das Fahrzeug, dass die Einfahrt blockiert, zur HEIDE-WITZKA gehört, öffnete sich die Schranke und wir konnten direkt auf das Gelände fahren, um dort in unmittelbarer Nähe zu HEIDE-WITZKA weitere Schlafexperimente durchzuführen. Nach Aussage der Beteiligten durchweg ergebnis- und erfolglos.
Freitag, 13.06.2025, 07.15 Uhr
So langsam kommt Leben in die Marina, der Fahrer des Sleepy-LKW rüstet die ersten Verzurrungen zurück, die Sonne nimmt ihr Tagegeschäft auf und brennt schon jetzt ohne Erbarmen. Die Crew stellt fest, dass in Mietfahrzeugen generell keine Kaffeemaschinen eingebaut werden und findet das suboptimal.
Hier kann der Fahrer der Fa. Sleepy aber helfen, er kennt sich aus. Exakte Wegbeschreibung, ein kurzer Fußmarsch (kurz ist ein immer relativer Begriff) und schon sitzen wir beim örtlichen Bäcker. Frischer Kaffee und frische Croissants, so langsam kommen die Lebensgeister, zumindest die Überlebenden, zurück. Die Sonne steigert ihre Aktivität und Intensität, beim Bäcker läuft die Klimaanlage auf Hochtouren.
Freitag, 13.06.2025, 08.17 Uhr
Die HEIDE-WITZKA hängt in der Gurten, der LKW fährt unter dem Kran weg, der Mast wird abgeladen und dann geht die HEIDE-WITZKA ins Wasser. Im Nachhinein fällt auf, dass alle Akteure, mit Ausnahme der angereisten SKB-CREW, bei jeglicher Tätigkeit außerhalb geschlossener Räume eine geeignete Kopfbedeckung tragen. Wir Norddeutschen finden diese Maßnahmen aus rein modetechnischen Erwägungen etwas übertrieben und verzichten selbstverständlich darauf. Die Sonne nimmt es zur Kenntnis und brennt weiter.
Freitag, 13.06.2025, 08.29 Uhr
Die HEIDE-WITZKA ist im Wasser! Die Sonne brennt unbeirrt weiter. Die Crew werkelt auf dem Schiff, es wird eingeräumt, umgeräumt, saubergemacht und alles andere, was eben nach einem Landtransport zu tun ist. Das Schiff liegt längsseits zwischen Portalkran und dem kleineren Kran, der zum Stellen der Masten verwendet wird.
Der Platz vor dem Kran wird aktuell von einer aus Finnland stammenden X-50 blockiert, deren Mast liegt noch längsseits an Land und wartet darauf, gestellt zu werden. Gleiches gilt für den Baum, das Material beider zusammengenommen hätte subjektiv ausgereicht, eine komplett neue HEIDE-WITZKA zu bauen.
Der Eigner, ein Finne mittleren Alters, hat mir in einem kurzen Gespräch erklärt, dass es nicht bereit ist, auch nur einen Handschlag am Boot selbst zu tätigen. Dafür gibt es entsprechende Firmen, die dies als Dienstleistung anbieten. Auf meinen Einwand, dass sowas dann aber auch seinen Preis hat, erklärte mir der Segler, dass ihn das nicht interessieren würde, „es kostet halt, was es kostet."
Auch die Frage nach der restlichen Crew führte zu der erhellenden Erkenntnis, dass der Eigner nebst Ehefrau und zwei Hunden als ausreichend angesehen wird, und dass er „halt Platz brauche", deswegen auch ein 50 Fuß-Schiff.
OK, wieder was dazugelernt.
Der Vormittag verging, die Mittagszeit verging, aus gut informierten Kreisen erging die Mitteilung, dass die Angestellten der Marina nicht in der Lage sind, den Mast der X-50 zu stellen, und dass man dafür aber eine Fachfirma engagiert habe.
Diese Fachfirma stellte sich dann gegen 14.00 Uhr ein. Und das stellen eines Mastes eine ernste Angelegenheit ist, mussten zunächst einige Besprechungen (im Schatten) abgehalten werden, um zu planen, was denn nun zu tun sei. Nach Ende der Besprechungen stellte man fest, dass das so nicht ginge und man einen anderen Kran bräuchte.
Auf Nachfrage konnte in Erfahrung gebracht werden, dass dieser bereits bestellt und „umgehend" erscheinen werde. Die Crew der HEIDE-WITZKA nahm das zur Kenntnis, die Sonne brannte weiter, die Temperatur lag kontinuierlich bei 34 Grad.
Die genaue weitere zeitliche Abfolge entzieht sich leider der Kenntnis des Verfassers dieses Berichtes, ich habe irgendwann mittags die Segel gestrichen, es ging nichts mehr. Ich habe mich abmeldet und dürftig bekleidet in eine der Achterkammern gelegt und habe dort „gelegen wie ein Toter" (Aussage des Bootswarts). Erkenntnis: Für manche Dinge ist man zu alt!
Irgendwann im Laufe des Nachmittags wurde dann mittels des tatsächlich eingetroffenen Krans der Mast an der X-50 gestellt und der Baum angeschlagen. Die „Maststellcrew" verschwand, und es passierte………nichts. Die finnische Yacht lag in der Sonne, Skipper, Ehefrau und Hunde waren unter Deck. Dem klimatisierten Deck selbstverständlich.
Der Bootswart sah sich am Ende seiner Geduld, begab sich zum finnischen Skipper und fragte, mehr oder weniger höflich, wann er denn gedenke, sein Schiff zu verholen, damit wir an den Mastkran könnten.Die Antwort des Finnen, „vielleicht später am Abend oder Morgen" war nicht das, was der Bootswart hören wollte. Dieser hatte die Nase nun endgültig voll, und in einer suboptimalen Stimmung begab er sich dann in das Büro der Marina zum Zecke eines Beratungsgesprächs. Ich weiß nicht, was er denen erzählt hat, aber auf einmal konnten die Plätze beider Schiffe getauscht werden und kurze Zeit später stand der Mast der HEIDE-WITZKA und auch der Baum war angeschlagen.
Die Sonne hat sich dieses Szenario die gesamte Zeit angeschaut und hat dabei vor Freude gestrahlt.
Freitag, 13.06.2025, 18.15 Uhr
Die HEIDE-WITZKA ist vom Ausrüstungskai weg und liegt auf dem zugewiesenen temporären Liegeplatz. Das sich dieser am ziemlich äußersten Ende der Marina, nahe der Einfahrt und elendig weit von den Sanitäreinrichtungen befindet, ist quasi nur Beiwerk, weil eigentlich nicht anders zu erwarten.
Die Crew tätigt die letzten Arbeiten, die Arbeitsgeschwindigkeit reduziert sich auf nahezu null, die Stimmung ist ungebrochen gut. Die Sonne ist auch gut gelaunt und brennt.
Während der letzten Arbeiten klingen Laute vom gegenüberliegenden Ufer (keine 100 Meter), die der Crew die Sorgenfalten auf die verschwitzte Stirn liefern. Hörte sich an wie ein Soundcheck oder ähnliches, und ließ nichts Gutes für den Abend erwarten.
Freitag, 13.06.2025, 19.42 Uhr
Bootswart und Webmaster sitzen im klimatisierten Auto und warten auf den Rest der Crew, die beim örtlichen Lidl Proviant bunkern.
Beim Einkauf von Wasser wurde über das Phänomen sinniert, wie es denn sein kann, dass jedes Besatzungsmitglied im Laufe des Tages sicherlich 3 Liter Wasser getrunken hat, ohne einmal die Toilette aufsuchen zu müssen.
Die Sonne hätte möglicherweise eine Antwort geben könne, die hatte sich aber hinter einem Dunstschleier versteckt, was nicht bedeutete, dass die Temperatur merklich zurückgegangen wäre. Das Thermometer im Auto sagte 31 Grad, meinte aber vermutlich das Kühlwasser.
Freitag, 13.06.2025, 22.00 Uhr
Nach Verstauen des Proviants raffte sich die Crew noch einmal auf und ging zu Fuß knapp einen Kilometer in das Stadtzentrum, um dort in einem, nein vor einem Restaurant, köstliches Bier und leckeres Essen zu sich zu nehmen.
Das war wirklich gut. Das Essen auch!
Freitag, 13.06.2025, 23.00 Uhr
Die Crew ist an Bord der HEIDE-WITZKA, die Sonne hat sich schlafen gelegt und die Temperaturen verzeichnen einen Kälteeinbruch bei gefühlten 25 Grad. Auch wenn uns nach einer abschließenden Unterhaltung, trotz körperlicher Erschöpfung, zumute gewesen wäre, hätte das nicht funktioniert.
Der Soundcheck des Nachmittags war tatsächlich ein Soundcheck, eine Mischung aus Techno- und anderer Töne in einer Lautstärke, die anderswo eine sofortige Invasion von Ordnungskräften hervorgerufen hätte, schallte aus einer Batterie von Lautsprechern, die gefühlt alle in Richtung der HEIDE-WITZKA gerichtet waren.
Bootswart und Crew verkriechen sich im Inneren des Schiffes und versuchen, den Krach zu ignorieren. Mehr oder weniger erfolglos, bis gegen 02.00 Uhr gefühlt wie eine „Totenstille" einsetzte. Musik aus, Veranstaltung beendet. Die darauf wieder dominierende Geräuschkulisse der Containerverladung war geradezu wohltuend.
Samstag, 14.06.2025, 06.30 Uhr
Der Wecker klingelt, aufwachen war nicht nötig, weil sowohl Hitze als auch Containerverladelärm bereits für dasselbe gesorgt hatten. Der Versuch, den Schmutz des vergangenen Tages und der Nacht durch eine Dusche in den Sanitärräumen der Marina abzuwaschen scheiterte kläglich. Nach Verlassen der Sanitärräume bildete sich aufgrund der Umgebungstemperatur sofort eine Schicht aus Schweiß auf der Haut, die die Bekleidung gefühlt an die Haut klebten.
Zurück zum Schiff, dort hatte die Crew bereits ein fürsorgliches Frühstück vorbereitet, in dem Wissen, das ab jetzt die beiden (Markus und Holger) den angenehmeren Part der Tour vor sich hatten. Aufs Mittelmeer und Segel setzen ist halt angenehmer, als 1300 Kilometer in Richtung Norden auf der Autobahn zu verbringen.
Samstag, 14.06.2025, 08.15 Uhr
Die HEIDE-WITZKA legt ab und verlässt Koper in Richtung Venedig. Der Bootswart regelt den Papierkram und bezahlt Rechnungen im Büro der Marina, dann fahren wir los, zunächst in Richtung LIDL, um Wasser für die Rückfahrt zu bunkern.
Die Sonne hat sich entschlossen, uns auf unserem Weg zu unterstützen und gab noch einmal alles. Also moderate 32 Grad….
Samstag, 14.06.2025, 23.45 Uhr
Ankunft in Buchholz, nachdem wir den Rhythmus der Hinfahrt (alle 90 Minuten Fahrerwechsel) weitestgehend eingehalten haben. In Österreich 30 Minuten Zeitverzögerung durch einen Stau vor einer Baustelle. In der Gegenrichtung ein Stau von gemessenen 24 Kilometern. Nach letzten Erkenntnissen hatte die HEIDE-WITZKA keinen Stau zu verzeichnen.
Eine Beschreibung des Aggregatzustandes von Bootswart und Webmaster bei der Ankunft in Buchholz verbietet sich.
Beweismaterial ist der folgenden Fotogalerie zu entnehmen.